Beschreibung
Günter Grass nimmt 1948 das Studium der Bildhauerei an der Düsseldorfer Kunstakademie bei Sepp Mages auf, der eine neoklassizistische Figurenauffassung vertritt. Bei ihm erfährt er eine handwerkliche Grundausbildung wie die Anlage von Tonmodellen und Gipsabgüssen. Nach einem Streit mit dem Lehrer wechselt er zwei Jahre später in die Klasse von Otto Pankok, der in erster Linie als spätexpressionistischer Grafiker tätig ist. Seine Ausbildung zum Bildhauer führt Günter Grass 1952 in Berlin bei Karl Hartung fort. Als Student beeindrucken Grass die schlanken, klar durchkomponierten Figuren Wilhelm Lehmbrucks und Aristide Maillols.
Eine der frühesten Arbeiten von Grass, in denen sich diese künstlerischen Einflüsse widerspiegeln, ist dieser weibliche Akt mit dem Titel »Mädchen«, den er 1950 als Gipsmodell ausgeführt hat. Er wird später in Bronze gegossen. In seinem Erinnerungsbuch Beim Häuten der Zwiebel (2006) schildert Grass, wie er im Winter 1949 zusammen mit seiner damaligen Geliebten nachts in das Lehratelier der Düsseldorfer Kunstakademie eingestiegen ist, damit sie ihm bei klirrender Kälte nackt Modell steht.
Die Plastik ist seine erste bildkünstlerische Arbeiten, über die öffentlich berichtet wird – und zwar im Jahresbericht der Düsseldorfer Kunstakademie 1951: »Die Veröffentlichung der Akademiebroschüre, die mir damals nicht allzu wichtig gewesen sein wird, bekommt erst im Rückblick Bedeutung, blieb sie doch bis zum Tod meiner Mutter – sie starb Ende Januar vierundfünfzig an Krebs – der einzige Beleg und Ausweis meines bis dahin nur behaupteten Künstlertums.«
Zu seiner Mutter unterhält Grass zeitlebens ein enges Verhältnis. Bis ins hohe Alter hinein schmerzt es ihn sehr, dass sie nicht mehr Zeugin seiner Erfolge geworden ist. Im Gegensatz zum Vater glaubt sie früh an die künstlerischen Fähigkeiten ihres Sohnes und unterstützt ihn in seinem Bestreben.
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