Mein Monat...
Günter Grass
Beschreibung
»Es dauerte, bis ich wieder zur Farbe fand. Zu lange war meine Arbeit von den Grauwerten zwischen Weiß und Schwarz bestimmt worden. Doch dann begann ich Farben zu sehen, die vielen Grün im Grün zu entdecken, des Himmels Blau zu differenzieren, Zitronengelb in Gelb, Kirschen Rot in Rot zu malen. Es war, als wollte ich nun, abseits vom Reichtum der Grauwerte, die Welt neu entdecken: nicht innerhalb kolorierter Umrisse, sondern fließend im permanenten Farbwechsel.«
Die heftige Kritik an seinem Roman Ein weites Feld (1995) trifft Günter Grass hart. Um sich von den Kränkungen zu erholen, entstaubt er seinen alten Aquarellkasten, geht mit seinem Hund Kara in die dänischen Wälder und beginnt, Bäume zu aquarellieren. Später wendet er sich in seiner Malerei den Dingen des Alltags zu wie Knöpfen, Pilzen, seiner Pfeife und Tasche, den abgetragenen Schuhen sowie anderen Fundsachen. Er bekennt dabei: »Was mir seit Jahren so vertraut war, daß ich es nicht mehr sah, wurde wiederentdeckt.«
Nach und nach findet er wieder zum Wort zurück und lässt Verszeilen und kurze Gedichte in die Aquarelle einfließen. Es entstehen die sogenannten »Aquadichte«, wie etwa der Entwurf zur Arbeit »Mein Monat...«. Das Aquarell zeigt Kastanien und Kastanienblätter. Braun- und Gelbtöne sind lasierend, aber dennoch leuchtend aufgetragen. Ohne seinen Geburtsmonat Oktober beim Namen zu nennen, entwirft Grass im Gedicht und Bild in wenigen Zügen einen Eindruck vom Herbst. Gleichzeitig spielt er auf den Mauerfall und die deutsche Einheit an, um abschließend das Gedicht hoffnungsvoll ausklingen zu lassen. Die warmen Farben der Aquarellzeichnung unterstreichen das von Grass evozierte »Hoffnungsprinzip«.
Diese verdichteten und pointierten Gedichte in Verbindung mit farbenfrohen Aquarellen versammelt der Lyrikband Fundsachen für Nichtleser (1997), in dem sich Grass allgemeingültigen Themen wie Liebe, Glück, Krankheit oder Tod widmet.
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