Umschlag zu »Ein weites Feld«

Günter Grass

Umschlag zu »Ein weites Feld«
Umschlag zu »Ein weites Feld«
1995
Lithografie
59,4 x 42 cm

Beschreibung

»Indem sie gingen, wurden sie wieder zum Paar. Beide Mäntel miteinander verwebt. Von hinten gesehen, gaben sie ein einträchtiges Bild ab. Und übereinstimmend lehnten sie sich gegen den Wind aus Nordwest.«

So schildert Günter Grass die beiden Protagonisten in seinem Roman Ein weites Feld (1995). Es handelt sich um Theo Wuttke alias Fonty und seinen »Tagundnachtschatten«, den Stasi-Spitzel Hoftaller. Trotz ihrer Unzertrennlichkeit ist ihr Verhältnis nicht frei von Konflikten. Die Lithografie, die an diese Passage anknüpft, bildet das Umschlagmotiv der Erstausgabe. Das Paar ist von hinten zu sehen. Die langen Mäntel verleihen den eng aneinander gelehnten Figuren eine geschlossene, kompakte Form. Ihre leicht nach links geneigten Körper deuten darauf hin, dass sie gegen einen starken Widerstand ankämpfen. Anhand der klar ausgearbeiteten Volumina offenbart sich der Bildhauer Grass, der auf Details verzichtet.

Im Roman wird geschildert, wie Fonty und Hoftaller die Zeit der deutschen Wiedervereinigung 1989/90 erleben. Die Geschehnisse des 20. Jahrhunderts werden dabei in Beziehung zum 19. Jahrhundert gesetzt, da sich Fonty als ein Wiedergänger von Theodor Fontane betrachtet. Der preußische Schriftsteller wird dadurch in der Erzählung zu einer Art Scharnierfigur. Es ist daher auch kein Zufall, dass Fonty Züge der Porträtzeichnung von Fontane trägt, die Max Liebermann von dem Literaten angefertigt hat.

Während der Arbeit am Roman sind eine Reihe von Bleistift-, Sepia-, und Kohlezeichnungen sowie Lithografien entstanden. Sie zeigen die beiden Hauptfiguren häufig als Schattenrisse in den unterschiedlichsten Situationen. Der Neuruppiner Galerist Johannes Bunk verweist darauf, dass in Fonty und Hoftaller eine bildliche Metapher für das Verhältnis zwischen den Ost- und Westdeutschen kurz nach der deutschen Wiedervereinigung gesehen werden kann: »So lassen sich Romantext und Bilder als zwei Geschichten verstehen, die von einem Thema sprechen: der noch nicht vollendeten Einheit Deutschlands sowie den Versuch der Vereinigung von Kunst, Literatur und Politik, wie sie (Günter Grass) als Zeitgenosse in seinem Lebenswerk anstrebte.«